jobspot21 msmak

Job-Spot online als Rettungsanker in der Krise

Die Ausbildungsmesse der A.-v.-Humboldt-Mittelschule findet in diesem Jahr virtuell statt

Damit Unternehmen und Schüler zusammenkommen, gibt es eine digitale Ausbildungsmesse. Die Mittelschule in Marktredwitz zeigt, wie es geht. Hoch im Kurs stehen Polizei und Bundeswehr
Von Peggy Biczysko (Frankenpost)

MARKTREDWITZ. ,,Wir haben Fachkräftemangel ohne Ende." Für die Firma Scherdel in Marktredwitz habe die Corona-Pandemie die Suche nach neuen Mitarbeitern noch schwerer gemacht, erzählt Stefan Steg­ner, Werksleiter des Ausbildungs- und Trainingszentrums. Und auf der anderen Seite, da stehen die Schüler, die durch die Krise oft planlos, frustriert und perspektivlos gen Schuljahresende blicken. Denn Ausbil­dungsmessen, Praktika und Begegnungen mit Unternehmern gibt es seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Wie man trotzdem ein wenig Orientie­rung schaffen kann, wenn es um das künftige Berufsleben geht, das ha­ben die Alexander-von-Humboldt-Mittelschule in Marktredwitz und 14 Unternehmen aufgezeigt, die sich erstmals zu einer digitalen Firmen­ und Ausbildungsmesse mit dem Namen „Job-Spot" getroffen haben.

250 Jugendliche harren zu Hause vor ihren Bildschirmen aus, klicken sich am Freitagvormittag in verschiedene Vorträge und Präsentationen von Firmen (siehe Infokasten) ein, die zahlreiche Berufsmöglichkeiten vorstellen. ,,Viel Spaß beim Bewerben" wünschen die Vertreter der Un­ ternehmen. Corona hat die Welt verdreht. Denn bislang hatten die  jun­gen Menschen, die sich in der Alexander-von-Humboldt-Mittelschule auf ihr Arbeitsleben vorbereiten, die Möglichkeit, mit ihrem künftigen Job auf Tuchfühlung zu gehen. Bei Ausbildungsmessen gab es Maschi­nen zum Anfassen, Ansprechpartner, die ihnen direkt gegenüberstanden und natürlich Praktika, um herauszufinden, ob es wirklich der Beruf sein könnte, der einem Spaß macht.

Corona hat alle dazu gezwungen, umzudenken und neue Wege einzu­schlagen. ,,Job-Spot" heißt die digitale Firmen- und Ausbildungsmesse, wo beide Seiten in Sachen Berufsorientierung zueinander finden. ,,Da leisten die Lehrer sehr viel", unterstreichen Rektor Andreas Wuttke und Schulamtsdirektor Günter Tauber.

Es ist ein Experiment, das hoffentlich einmalig bleiben möge, so Wuttke. Technisch hakt es immer wieder ein bisschen. ,,Das liegt aber nicht an der Vorbereitung oder Ausstattung der Schüler daheim", versichert Tau­ber. ,,Es ist die Internetverbindung, die immer mal wieder zusammen­ bricht." Hier sei die Politik gefragt, um die Voraussetzungen für eine problemlose digitale Vernetzung zu schaffen. Vier achte Klassen, vier neunte, zwei Vorbereitungsklassen sowie jene, die den Mittleren Bil­dungsabschluss an der Mittelschule  in Marktredwitz absolvieren, sind via Internet  zugeschaltet.  Bei Hilferufen - ,,da gab es schon etliche", sagt Andreas Wuttke - schaltet sich ein Notdienst von Lehrern, die in einem virtuellen Raum sitzen, dazu, um die Schüler zu dem gewünsch­ten Vortrag zu geleiten.

,,Der digitale Unterricht hat sich nach dem ersten Lockdown im vergan­genen Jahr bis heute gut eingependelt." Deshalb sei man das Wagnis dieser virtuellen Messe eingegangen. Allerdings machten auf diesem Wege nur 14 von 30 angeschriebenen Unternehmen mit, so Schulleiter Wuttke, der um das große Engagement bei der Vorbereitung von „Job­ Spot" auf Seiten des Orga-Teams ebenso weiß wie auf Unternehmersei­te.

,,Vom kleinen Betrieb bis hin zum Global Player ist alles vertreten", freut sich Schulamtsdirektor Tauber. Die virtuelle Messe sei ein ideales Instrument, um den Schülern vor Augen zu führen, was es bei uns in der Region alles an Arbeitsplätzen gibt. ,,Das ist eine echte Win-Win-Situa­ tion, nachdem seit letztem Jahr sämtliche Praktika weggefallen sind."

„Es ist eine tolle Arbeit, die die Schule hier in Sachen Berufsvorbereitung leistet",  betont  Stefan  Stegner  vom  Scherdel-Ausbildungszentrum, als er via Bildschirm zugeschaltet wird. Manchen Praktikanten hätte man früher am liebsten gleich den Lehrvertrag nach dem Hineinschnuppern in den Betrieb mitgegeben. Nun müsse man dies anders gestalten. Steg­ner gibt zu bedenken, dass die jungen Leute anspruchsvoll geworden seien. ,,Jeder Vierte bricht momentan seine Ausbildung ab." Der Werks­leiter beklagt viel zu wenig Bewerbungen". Die Messen fehlten ganz einfach für den persönlichen Kontakt. Daher sei der „Job-Spot"-Tag ganz wichtig für Scherdel.

Ob Industrie- oder Werkzeugmechaniker, Maschinen- oder Anlagenfüh­rer - im produzierenden Bereich gebe es spannende Berufe. E-Mobilität und fortschreitende Medizintechnik seien weitere Arbeitsfelder, für die viele Aufträge vorlägen. ,,Hier können junge Menschen sichere Arbeits­plätze bekommen und sich selbst einbringen. Sie sollten diesen Ball in die Hand nehmen", ermuntert Stegner den Nachwuchs.

Ein ganz anderes Berufsbild stellt Katja Schneider von der Berufsfach­schule für Pflege in Marktredwitz vor. ,,Wir bilden in drei Jahren genera­ listisch in Alten- , Kranken- und Kinderkrankenpflege aus." Während es für die Bewerber derzeit schon eine Warteliste gebe, sehe es in der Pfle­ gefachhelfer-Ausbildung eher mau aus. ,,Da sind noch genügend Plätze frei." Diese einjährige Ausbildung sei das Sprungbrett zur dreijährigen Ausbildung, für die man normalerweise die Mittlere Reife benötige. Laut Schneider würden die jungen Menschen jetzt auch in der Ausbildung besser bezahlt, ,,sonst würde sich der Fachkräftemangel nicht bessern".

Konrektorin Sabine Meyer-Hofmann hat den Überblick über die Anmel­dungen der Schüler für die verschiedenen Angebote der Firmen. ,,Ganz hoch im Kurs steht bei den Schülern ein Job bei der Polizei. 121 junge Leute haben sich für die vier Durchläufe angemeldet." Voraussetzung für den Dienst bei der Polizei sei die Mittlere Reife. Gleich an zweiter Stelle stehe die Bundeswehr, die mit ihrem Karriere-Beratungsbüro im virtu­ellen Raum vertreten ist.

Dass sich kein Schüler aus der ,,Job-Spot"-Messe stehlen kann, darauf haben Betreuungslehrer in jedem Raum ein Auge, um die Teilnahme zu kontrollieren, erläutert Meyer-Hofmann. Die Ausbildungsmesse zieht auch noch Aufgaben für die Schüler nach sich. Denn in einem digitalen Laufzettel müssen sie typische Tätigkeiten verschiedener Berufsbilder, für deren Präsentation sie sich eingeloggt hatten, herausfiltern. ,,Dafür gibt es eine mündliche Note." Und später dann hoffentlich für alle den passenden Job.

© Die inhaltlichen Rechte bleiben dem Verlag vorbehalten. Nutzung der journalistischen Inhalte ist ausschließ­ lich zu eigenen, nichtkommerziellen Zwecken erlaubt . Artikel aus der Frankenpost, Ausgabe Fichtelgebirge/Marktredwitz vom 19.04.2021

Zurück